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Lieferketten-Sorgfalts-Gesetz: Modebranche unter Druck

In gut einem halben Jahr tritt in Deutschland das LkSG in Kraft und schreibt Sorgfaltspflichten in den Lieferketten zum Schutz der Menschenrechte und der Umwelt vor. Es betrifft zunächst nur große Firmen aus Industrie und Handel. Einer Studie zufolge sind nicht alle Unternehmen ausreichend darauf vorbereitet und haben Nachholbedarf im Supply Chain Management. 

 

Ab 1. Januar 2023 gilt für deutsche Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“ (LkSG). Sie müssen bestimmte Sorgfaltspflichten erfüllen und dies dokumentieren und veröffentlichen. Ab 1. Januar 2024 sind von dem Gesetz auch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeiter betroffen. Zu den Sorgfaltspflichten gehören z.B. die Festlegung einer betriebsinternen Zuständigkeit, die Einrichtung eines Risikomanagements sowie die Verankerung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen.

Ziel ist, dass in den globalen Lieferketten der Modebranche die Menschenrechte stärker beachtet und die negativen Umweltauswirkungen verringert werden.

  

Das Marktforschungsunternehmen Sapio Research, Blaubeuren, ist in einer Umfrage unter 100 Entscheidungsträgern im Supply Chain Management der Modebranche der Frage nachgegangen, inwieweit die Unternehmen auf das LkSG vorbereitet sind und wo es noch Handlungsbedarf gibt.

 

Hier die wichtigsten fünf Erkenntnisse im Überblick: 

 

1. Nicht alle Unternehmen sind ausreichend auf das LkSG vorbereitet. 

 

Rund ein Drittel der Umfrage-Teilnehmer (34 Prozent) haben zwar bereits von dieser Gesetzgebung gehört, kennen aber deren Details nicht. 62 Prozent gaben an, dass sie sich der bevorstehenden LkSG-Gesetzgebung vollständig bewusst sind. Von diesen Unternehmen kann allerdings etwas mehr als die Hälfte noch nicht Compliance-konform agieren. Und 18 Prozent von ihnen sind sich nicht sicher, ob sie dies bis zum Inkrafttreten des LkSG schaffen werden. Die Umfrage deutet darauf hin, dass dies mit den derzeitigen Systemen und Prozessen eine Herausforderung sein wird.

2. Mangelnde Transparenz in den Lieferketten

  

Sieben von zehn Unternehmen (71 Prozent) holen bereits Zertifizierungen von ihren direkten Lieferanten ein, um Menschenrechtsverletzungen und Umweltrisiken in ihrer Supply Chain zu bewerten und zu vermeiden. Auffällig ist jedoch, dass weniger als die Hälfte der Befragten (47 Prozent) diese auch von den Lieferanten ihrer Lieferanten (den indirekten Zulieferern) einfordern – dies erhöht die Risiken in der Lieferkette erheblich. 

 

3. Unternehmen nutzen nicht-automatisierte Methoden zur Speicherung von Compliance-Informationen und Zertifizierungen

  

In vielen Unternehmen ist der Umgang mit den Zertifizierungen und erhobenen Informationen bezüglich der Lieferanten entlang der Lieferkette nicht digitalisiert und mit hohem manuellem Aufwand verbunden. Zwei Drittel der 94 Prozent, die Audits in ihrer Lieferkette durchführen, speichern die Ergebnisse in Datenbanken – wobei 37 Prozent sie in Papierform aufbewahren, bei Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern sind es sogar 46 Prozent.

 

Rund ein Viertel der kleineren Unternehmen speichert die Audit-Ergebnisse in digitalen Ordnern auf gemeinsam genutzten Laufwerken oder sogar auf den persönlichen Laufwerken der verantwortlichen Mitarbeiter, sodass die Informationen nur schwer zugänglich sind. 

 

Knapp die Hälfte der Befragten (48 Prozent) glauben nicht, dass die Technologie, die sie heute zur Unterstützung der Sorgfaltspflicht in der Lieferkette einsetzen, die relevanten Daten und Kennzahlen vollständig automatisch in ihre Finanzberichterstattung integrieren kann.

4. Neue Technologien sind erforderlich

  

93 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, dass sie neue technologische Lösungen benötigen, um das LkSG-Gesetz in ihrem Unternehmen in vollem Umfang umsetzen und einhalten zu können. Nur 30 Prozent der Befragten geben sich sehr zuversichtlich und denken, dass die Technologie, die sie derzeit zur Speicherung und Aufzeichnung von Zertifizierungen in der Lieferkette verwenden, ihnen die Einhaltung der LkSG-Gesetzgebung vollständig ermöglichen wird. Eine wichtige System-Anforderung ist, dass die Software rechtzeitig automatische Warnungen sendet, wenn Zertifizierungen ablaufen. 

 

5. Die Modebranche plant, die Umsetzung des LkSG für ihr Marketing zu nutzen.

  

Fast alle Befragten (98 Prozent) beabsichtigen, die Themen Nachhaltigkeit, geringere Umweltauswirkungen und den Schutz des Wohlergehens der Arbeitnehmer in ihren Lieferketten für ihr Marketing zu nutzen. 

 

Methodik der Umfrage:

Für die Umfrage von Sapio Research wurden im März und April 2022 in Deutschland 100 Entscheidungsträger in den Bereichen IT, Operations/Logistik, Supply Chain und Finanzwesen online befragt. Die Befragung erfolgte im Auftrag der K3 Business Technology Group, die IT-Lösungen für die Modebranche (Industrie und Handel) anbietet. 

 

Hinweis: In der nächsten Print-Ausgabe des BTE marketing berater (ET 30.6.2022) erscheint ein ausführlicher Bericht zum Thema Lieferketten-Sorgfalts-Gesetz und dessen Relevanz für mittelständische Unternehmen. Darin wird auch auf die EU-Sorgfaltsrichtlinie eingegangen sowie auf den Aktionsplan der EU für Kreislaufwirtschaft. Der Modesektor steht aufgrund seiner negativen Umweltauswirkungen derzeit im Fokus der EU-Kommission!